Fast verpasst...
Zum Mauerfall absolvierte ich meinen Wehrdienst in Halle/Sa.-Anhalt.Verbrachte meine Zeit auf einem abgelegen Standortkomando am Rande von Halle auf einem Übungsplatz. Dort war man von der Welt fast abgschnitten und meist, wie an diesem Abend auf dem Gelände unterwegs.
Gegen 23:00Uhr sind wir zu Bett und kurz vor Mitternacht kam unser Berlinurlauber zurück. Er rüttelte uns aus dem Schlaf und sagte die Mauer ist offen. Wie das bei Armisten so ist wird ja auch die ein oder andere Flasche auf dem Weg geleert. Also musste er sich zunächst die wüstesten Beschimpfungen von uns anhören. Mistrauisch gingen wir in den Fernsehraum und machten das Gerät an. Da wir alle Hobbyelektroniker waren hatten wir eine versteckte Antenne, mit der wir ARD und ZDF sehen konnten. Und tatsächlich... ...unglaubliche und ungläubige Freude.
Nach ein paar Flaschen und viel Kaffee ging es gg. 4 Uhr wieder ins Bett.
Am Morgen gab unser Vorgesetzter und Außenschläfer den obligatorischen Morgenappell. Und sagte, dass die Grenze in die BRD offen wäre aber Angehörige der NVA hätten Reiseverbot. Genau dieser Vorgesetzte war die nächsten Tage "krank" und wie er dann selber zugab konnte er der Versuchung nicht wiederstehen.
Zwei Wochen später bekam ich meinen Urlaubsschein genehmigt, mit eingetragenen Reiseort Regensburg (besitze ihn heute noch). Musste mich in Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) auf dem Wehrkreiskommando melden, bekam meinen Ausweis und die Reise ging für ein paar Tage zu meinem Onkel nach Regensburg.
Bin auch wieder zurück und diente meine Zeit bei der Armee zu Ende.
Im Januar wurden wir in die Volkswirtschaft versetzt (ich kam nach Eisenberg/Hainspitz in der Nähe des Hermsdorfer Kreuzes. Untergebracht in einem Ferienlager direkt an der A9 konnte man täglich den nicht enden wollenden Strom der Autos gen Bayern verfolgen aber soviele Autos nach Süden fuhren, kamen sie auch bepackt zurück.
Ich freue mich, dass es jetzt wieder ein Deutschland gibt und ich damals vor der Maueröffnung nicht gegen die Demonstranten in Halle oder Leipzig eingesetzt wurde - wie schnell hätte die Situation kippen können.
Bin aber auch noch 20 Jahre nach der Maueröffnung sehr nachdenklich, da es immer noch bei einigen (Politiker, Industrie und Bevölkerung) die Mauer im Kopf gibt. Hoffe das auch diese Mauer noch fällt.
Nachdenkliche und LG
Sachschem